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AutorenbildAntje

Was, wenn überall “Gefahr” lauert? Was, wenn Fremdgehen MEINE Schatten triggert?

Schatten

Wir sind verletzte Wesen.


Wir finden uns zusammen, weil wir interessiert sind am anderen. 

Aber viel mehr sind wir interessiert an uns. 


Niemand kann uns so tief an unsere dunkelsten Punkte führen, wie der Mensch, dem wir unser Herz und unseren Leib schenken. Niemand kann uns besser durch diese Schatten begleiten, als dieser eine Mensch. Mit niemandem erfahren wir Heilung in Beziehung, außer mit diesem einen Menschen. Nur… wie soll er uns denn in unsere Abgründe bringen, wenn wir uns verschließen? Uns lieber an Wut und Zorn und Erwartungen festhalten, statt zu fühlen, WIRKLICH zu fühlen, was dahintersteckt…


Mein Partner fährt für eine Woche an die Ostsee, auf ein Seminar, mit fast 100 männlichen und weiblichen Teilnehmenden. That’s the fact.


Mein Kopf macht daraus folgende Story:

Mein unglaublich heißer und mega attraktiver Mann fährt auf ein Seminar mit 100 Leuten, wovon mindestens 90 weiblich sind. Und alle, sie ALLE sind scharf und willig und bereit, mit ihm in die Kiste zu springen. Und er wird es täglich mehrfach mit ihnen treiben - weil warum nicht?


Ok, das ist wohl eher die lustige Variante, die, die es mir möglich macht, das so zu übertreiben, dass klar ist, dass das so niemals stattfinden wird.


Was mein Kopf aber WIRKLICH daraus macht, fühlt sich so an:

Dieses Seminar ist dafür da, um versteckte Anteile herauszuholen. Mit verbundenen Augen tanzen, reinfallen in sich selbst. Nach jedem Tanz verletzlich und herzoffen sein. Ins Gespräch kommen, mit einer Person, die da ist. Da mehr Frauen vor Ort sein werden, wird mein Partner mit einer fremden Frau in diese intensiven und intimen Gesprächssituationen kommen. Sie werden tiefe Momente erleben, werden lachen, um die Situationen wieder zu lösen, werden sich umarmen. Werden morgens gemeinsam in die See springen, und abends zusammen in der Sauna schwitzen. Am Ende wird es einfach irgendeine zarte Berührung an der Bar geben, eine Hand, die “aus Versehen” einen Arm streichelt, ein kleines Lächeln dazu, und schon ist es klar, dass sie miteinander schlafen werden. Und es wird schön sein, einfach weil die geteilten Momente zuvor auch schön waren. Man tauscht Nummern aus, man schreibt sich nach der Abfahrt noch ein bisschen, nach zwei drei Wochen zu Hause schreibt man sich erneut, auf einmal intensiver, und der Wunsch nach einem weiteren Treffen fängt an, im Herzen meines Partners zu brennen… 


Kennst du so eine Story aus DEINEM Kopf?

Ich hab diese Geschichte mit meinem Freund geteilt. Er hat eh gesehen, wie ich unruhig durch die Wohnung getigert bin. Er fragte mich, was los sei. Ich hatte zwei Möglichkeiten: Ich könnte “nichts” sagen (und ihm damit sein Bauchgefühl und sein Bedürfnis, mich lesen und meine Stimmung erkennen zu können, kaputtmachen). Oder ich könnte ihm sagen, dass es mir nicht gut geht mit seiner Woche an der See. 


Und dann erzählte ich ihm die Geschichte meines Kopfes. 


Und auch hier wieder zwei Möglichkeiten: 

Er könnte sagen, dass er dann nicht fährt. Er könnte sich reinsteigern in seine Enttäuschung, dass ich ihm nicht vertrauen würde. Und ich könnte wütend werden, weil er das Thema Vertrauen überhaupt in diese Situation reingebracht hat. Ich mein, welcher “gute Mann” fährt denn auch schon ne ganze Woche ohne seine Partnerin irgendwo hin, wo tausend andere Frauen um ihn (!) herumspringen werden? Heiß heiß heiß… 


Er könnte aber auch sagen: Danke, dass du mir von deiner Angst erzählt hast. 


Und für mich würde es weitergehen mit der verrückten Frage, was genau denn daran so schlimm für mich (!) wäre. Scheiß auf gesellschaftliche Normen, scheiß auf “du liebst mich dann ja gar nicht” - wobei das hier ein spannender Einstieg wäre, denn woran mache ich denn fest, dass ich (nicht) geliebt werde? Und woher kenne ich genau dieses Gefühl? Wer war der erste in welcher Situation, dass ich mich nicht geliebt gefühlt habe? Und geht es wirklich um das Geliebtfühlen? Oder ist es eher ein “ich bin es nicht wert, dass sich jemand ausschließlich für mich entscheidet”? 


Und so sind wir jedes Mal drin in unseren Schatten. Jedes Mal die Chance, zu gucken, was GENAU so eine fiese Situation mit mir zu tun hat. Und zwar so lange, bis jeder einzelne scheiß Glaubenssatz über mich selbst hervorgeholt und angesehen wurde. Das heißt nicht, dass irgendwann alles heil ist. Das heißt “nur”, dass ich sein und fühlen kann, wie ich bin. 


Ich bin mir bewusst, dass mein Partner ein eigenständiges Wesen ist. Ein Mensch, der seine Erfahrungen machen und seine Bedürfnisse ausleben möchte. Und ich bin mir bewusst, wo derzeit meine Grenzen sind, und wo diese momentan wichtiger sind, als sein Auslebenwollen. 


DAS ist es, was für mich unsere Beziehung ausmacht. Offen und vertrauensvoll über unsere Bedürfnisse sprechen können. Grenzen erkennen und um das Einhalten derselben bitten können. 


Wir sind verletzte Wesen. Gefahr lauert quasi überall. Solange wir darüber reden können, und nicht verurteilt werden, und der andere auch nicht versucht, alles gut zu machen, solange das passiert, kann uns die “Gefahr” nichts anhaben. Und unsere Schatten werden friedvoller. 


Antje


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