Die meisten Menschen versuchen, sich auf einen einzigen Sexpartner zu beschränken, zumindest für die Dauer einer Beziehung. Doch oft gelingt das nicht. Evolutionsforscher sagen, das sei natürlich, denn sexuelle Treue ist eine allzu menschliche Idee. Für mich ist es schon lange klar, dass ich nicht dauerhaft monogam leben kann und werde. Richtig herausgefunden habe ich das erst vor etwa zwei Jahren.
In seinem Buch Sex at Dawn argumentiert Christopher Ryan, dass der Mensch nicht von Natur aus monogam ist. Der Mensch war nie monogam und ist zur Monogamie nicht geeignet. Ryan stützt seine Argumente auf die Anatomie des menschlichen Körpers, auf Affen und Urwaldvölker. Seiner Ansicht nach lebten unsere Vorfahren in Gruppen, in denen jeder Sex mit jedem haben konnte, und dies stärkte die Bindungen innerhalb der Gruppe.
Ryan und seine Ehefrau, Cacilda Jethá, beschreiben in ihrem Buch, dass Menschen früher in Gruppen lebten, in denen sexuelle Exklusivität keine Rolle spielte. Sie berichten von Völkern im Amazonasgebiet und in Papua-Neuguinea, bei denen die Idee der „partiellen Vaterschaft“ existiert – das Kind wächst im Bauch der Frau nur durch den Samen mehrerer Männer. Dies schuf ein Netz aus Zuneigung und Zugehörigkeit innerhalb der Gruppe.
Mit der Einführung der Landwirtschaft vor etwa zehntausend Jahren änderte sich jedoch das menschliche Sexualverhalten. Menschen wurden sesshaft, bauten Nahrung an, und Eigentum entstand. Die Monogamie wurde eingeführt, um Besitz und Abstammungslinien zu sichern. Frauen wurden zu einer Art Besitz, ihre Sexualität musste kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass Kinder vom rechtmäßigen Erben abstammen.
Forscher wie Lars Penke und Joseph Henrich haben verschiedene Modelle und Theorien über das menschliche Sexualverhalten untersucht. Polygynie, bei der Männer mehrere Frauen haben, und Monogamie wurden in verschiedenen Kulturen praktiziert. Studien zeigen, dass Gewaltverbrechen in polygynen Gesellschaften häufiger vorkommen, was auf soziale Spannungen durch ungleiche Partnerverteilung zurückzuführen ist.
Warum ich es befürworte:
Für mich persönlich war es eine Befreiung zu erkennen, dass ich nicht dauerhaft monogam leben kann und will. Die Idee, dass sexuelle Treue eine kulturelle Konstruktion ist, die nicht unbedingt der menschlichen Natur entspricht, hat mir geholfen, mein eigenes Verhalten besser zu verstehen und anzunehmen.
Ich befürworte das Fremdgehen nicht als Betrug oder Täuschung, sondern als bewusste Entscheidung, die in einer offenen und ehrlichen Beziehung Platz haben kann. Fremdgehen kann dazu beitragen, die Bedürfnisse und Wünsche beider Partner zu erfüllen, ohne dass sie sich unter den Druck setzen, sexuelle Treue um jeden Preis aufrechtzuerhalten.
Offene Beziehungen oder polyamore Arrangements können zu mehr Zufriedenheit und Erfüllung führen. Sie ermöglichen es den Partnern, ihre sexuellen und emotionalen Bedürfnisse zu erfüllen, ohne die Beziehung zu gefährden. Wichtig ist dabei die Kommunikation und das Einverständnis aller Beteiligten.
Monogamie mag für manche Menschen gut funktionieren, aber es ist nicht der einzige Weg zu einer glücklichen und erfüllten Beziehung. Menschen sind unterschiedlich, und was für den einen funktioniert, muss nicht für den anderen gelten. Wir sollten offen für verschiedene Beziehungsmodelle sein und uns nicht von gesellschaftlichen Normen einschränken lassen.
Fazit
Fremdgehen ist oft ein Ausdruck menschlicher Natur und Bedürfnisse. Es sollte nicht als Tabu oder moralisches Versagen betrachtet werden, sondern als Chance für ehrliche Kommunikation und eine erfülltere Beziehung. Indem wir verschiedene Beziehungsmodelle akzeptieren, können wir Wege finden, unsere Bedürfnisse und die unserer Partner zu erfüllen, ohne uns in gesellschaftliche Normen zu zwängen.
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