Impulse hier, Impulse dort.
In letzter Zeit hören wir oft, dass man seinen Impulsen folgen soll. Es stimmt, viele Menschen sind sich ihrer Impulse nicht bewusst oder davon abgeschnitten. Es ist wichtig, eine Verbindung zu seinen Bedürfnissen und Wünschen herzustellen und diesen Impulsen in gewissem Maße zu folgen.
Doch wir beobachten auch eine gefährliche Tendenz: Manche Menschen predigen, dass sie ihren Impulsen spontan gefolgt sind, ohne die Konsequenzen für sich oder andere zu bedenken.
Ein Beispiel, das uns in der letzten Woche begegnet ist:
Eine Klientin von uns, eine Mutter, die sehr im spirituellen Bereich unterwegs ist, fährt mit ihrem Partner und ihren drei Kindern im Auto vom Urlaub am Meer nach Hause. Auf der Autobahn sieht sie ein Schild zu einem Wanderweg an einen See in der Gegend und hat den Impuls, sofort dort hinzugehen.
Dass Unverständnis ihrer Familie ignorierend, überredet sie alle, anzuhalten und mit ihr zu wandern. Die anderen Familienmitglieder, nach stundenlanger Fahrt erschöpft, sind nicht begeistert. Nach etwa 20 Minuten bricht der Vater das Vorhaben ab, da er Ruhe braucht. Zwei der Kinder werden quengelig und gehen mit ihm zurück zum Auto, während die Mutter und eines der Kinder noch gut 30 Minuten weitergehen.
Nach einer Stunde erreichen sie eine für unsere Klientin wunderschöne Stelle mit Blick auf ein großes Herz im Wasser. Die Mutter ist beeindruckt und freut sich sehr, dass sie ihrem Impuls nachgegangen ist.
Sie versucht, ihrer Familie, sich und uns diesen Moment als großartiges Wunder zu verkaufen, doch sie ignoriert die Tatsache, dass ihre Familie unglücklich und überfordert ist. An dieser Stelle wurden die Bedürfnisse der anderen nicht einmal ansatzweise berücksichtigt oder nachgefragt.
Ein weiteres Beispiel aus unserer Arbeit verdeutlicht die Problematik unkontrollierter Impulse:
Ein Mann folgt spontan dem Rat aus einem Mentoring-Programm und kündigt plötzlich seine Arbeit, weil er den Impuls verspürt, etwas anderes tun zu wollen. Weder der Mentor noch der Mann nehmen sich die Zeit, die Entscheidung zu planen oder darüber nachzudenken. Sie feiern sich für seinen Mut. Er packt mit seiner Freundin zusammen das Auto, setzt die zwei gemeinsamen Kinder rein, und sie fahren einfach los. Nächster Halt: Irgendein Hotel Richtung Süden. Es sind gerade Schulferien, der Moment ist perfekt. Klingt nach Aussteigerromantik. Wird bezahlt vom kleinen Erbe, das auf dem Girokonto vor sich hinschlummert. Die Reise ist super, die Ferien gleichen einem einzigen Abenteuer. Die Kids sind berauscht, die Eltern sowieso. Dem Impuls folgend, alle drei Tage eine neue Unterkunft, eine schöner als die andere. Schlechte Laune, Langeweile, Unruhe, Tränen, Überforderung, Schulpflicht, Vermissen von Freunden, wird alles ausgeblendet. Das Geld wird knapp, die Mails der Schule immer schärfer, die Freundin mag die Briefe zu Hause nicht mehr öffnen. Nach knapp sechs Monaten auf Reisen gerät er am Ende in finanzielle Schwierigkeiten, da er nicht bedacht hat, wie er seine laufenden Kosten decken, und die Schulpflicht seiner Kinder erfüllen kann. Seine impulsive Handlung führt nicht nur zu einem Verlust des Erbes, sondern auch zu emotionalem Stress, der sich negativ auf seine Beziehungen auswirkt. Wieder zurück, gestaltet sich die Wohnungssuche als herausfordernd. Es gibt keine Wohnung für die Familie. Entweder zu klein, oder viel zu teuer. Sie weichen auf ein Ferienzimmer aus. Streit mit der Lebensgefährtin wird immer heftiger, eine Trennung steht unmittelbar bevor.
Genau in dieser Situation sucht er uns auf und bittet um unseren Rat.
Diese beiden Beispiele zeigen, dass unkontrollierte Impulse zu Problemen führen können, sowohl für die Person selbst als auch für andere. Auch im Alltag können kleine Impulse zu Konflikten oder Missverständnissen führen, die leicht vermeidbar wären.
Unsere Antwort darauf heißt: Impulskontrolle.
Wenn ein Impuls aufkommt, ist es entscheidend, zunächst tief durchzuatmen und innezuhalten. Diese kurze Pause gibt uns die Möglichkeit, den Impuls zu reflektieren. Ist das, was ich gerade fühle, ein wertvoller Antrieb oder handelt es sich um einen Hirnfick?
Ein Gedanke, der aufkommt, ist nicht immer ein echter Impuls. Oft ist es nur eine vorübergehende Idee oder Emotion, die schnell wieder vergeht. Es ist wichtig, diese Gedanken zu überprüfen und zu bewerten: Ist dieser Gedanke (meinem eigentlichen Ziel) dienlich oder könnte er (andere) schaden?
Wenn du zu dem Schluss kommst, dass der Impuls es wert ist, verfolgt zu werden, solltest du dir folgende Fragen stellen:
Was brauche ich wirklich? Überlege, was hinter dem Impuls steckt. Ist es ein Bedürfnis nach Abenteuer, Veränderung oder vielleicht nach Ruhe?
Welche Ziele habe ich? Welche langfristigen Ziele stehen hinter diesem Impuls? Trägt der Impuls zu deinem Wachstum oder deinen Zielen bei, oder lenkt er dich nur ab?
Wie kann ich dies in Einklang mit den Bedürfnissen anderer bringen? Berücksichtige die Auswirkungen deines Handelns auf dein Umfeld. Gibt es Möglichkeiten, die Bedürfnisse der anderen in deine Entscheidung einzubeziehen?
Indem wir uns bewusst Zeit nehmen, um unsere Impulse zu hinterfragen, können wir verhindern, dass wir impulsiv und unüberlegt handeln. Dies hilft nicht nur uns selbst, sondern auch den Menschen um uns herum, und fördert ein harmonisches Miteinander.
Letztendlich kontrollieren nicht die Gedanken uns, sondern wir haben die Macht, unsere Gedanken zu kontrollieren. Wir können wählen, welche Impulse wir annehmen und wie wir auf sie reagieren. Durch diese Kontrolle schaffen wir Raum für bewusstere Entscheidungen und eine harmonische Lebensweise.
Wenn du mehr über Impulskontrolle erfahren oder Unterstützung auf deinem Weg zur Selbstreflexion und bewussten Entscheidungsfindung möchtest, melde dich gerne bei uns!
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